Iliosakralgelenk-Syndrom

Das Iliosakralgelenk (ISG) setzt sich aus dem hyalinen Knorpel der Fläche des Kreuzbeins und dem dünnen Faserknorpel des Ilium zusammen. Das Iliosakralgelenk ist das Verbindungsglied der Wirbelsäule und der Beine. Das ISG ist daher einer hohen Belastung (bis zu 750 Newton) ausgesetzt.

In 15-30% der Patienten, die über Rückenschmerzen klagen, liegt die Ursache der Beschwerden auch in einer Reizung des ISG. Die Rate an Patienten, die nach einer versteifenden Operation unter Rückenschmerzen leiden und bei denen eine ISG Syndrom diagnostiziert wurde, liegt bei bis zu 40%.

Das ISG hat eine minimale Bewegung von bis zu 4° in der Rotation, bis zu 8° in der seitlichen Ausbeugung und bis zu 2° in der Flexion und Extension. Das ISG erlangt durch eine Kombination aus Formschluss (Gelenk-Kapsel-Band Apparat) und Kraftschluss (Muskulatur) eine hohe Stabilität bei geringer Beweglichkeit.

Das ISG und der Kapsel-Band-Apparat zeichnen sich durch eine komplexe Versorgung mit Nerven aus. Diese Nerven vermitteln vor allem Schmerzinformationen. Der Ursprung dieser Nerven liegt zum Teil im lumbalen Nervenplexus, aber auch in den tief lumbalen Nervenwurzeln.

Bei einer Reizung des Gelenks und des Kapsel-Band-Apparates kann es daher zu vielfältigen Beschwerden kommen.

Iliosakralgelenk-Syndrom

Symptome und Diagnostik

Durch eine Reizung oder Funktionsstörung kann es in der Bauchmuskulatur, im M. iliopsoas oder der ischiocruralen Muskulatur zu einer reflektorischen Anspannung und Verkürzung kommen. Es kann zu paravertebralen Schmerzen am lumbosakralen Übergang kommen.

Eine Ausstrahlung in das Bein wird häufig von den Patienten beschrieben, was dann fälschlicherweise als radikuläre Beschwerdesymptomatik interpretiert werden kann. Am häufigsten werden Schmerzen beim Gehen, Leistenschmerzen, Missempfindungen entsprechender der Dermatome L5 und S1, Schmerzen beim Sitzen mit häufigem Lagewechsel und Schmerzen bei axialer Belastung (z.B. Aufstehen und Treppensteigen) beschrieben.

Um die Diagnose eines ISG Syndroms zu stellen muss eine profunde Interpretation der Anamnese und eine ausführliche klinische und bildgebende Untersuchung erfolgen.

Für das ISG können spezielle klinische Tests zur Evaluierung der Beweglichkeit durchgeführt werden.

Zu diesen Untersuchungstechniken gehören der Beckenkompression Test, der Beckendistraktion-Test, der Gaenslen-Test, der Tigh-Trust-Test, der Patrick`s-Test und der Menell-Test.

Beim Vorliegen von drei oder mehr positiven Provokationstests liegt in über 77% ein ISG Syndrom vor und in über 85% der Fälle wird der Patient von einer Infiltration des ISG profitieren. Diese Infiltrationen werden gerne als Goldstandard in der Diagnosestellung angesehen, wobei hierfür jedoch Uneinigkeit herrscht, da die falsch positiv Rate bei ISG Schmerzen bei bis zu 20% liegt.

Durch die bildgebende Diagnostik mittels eines MRI oder CT können destruktive, entzündliche und degenerative Veränderungen der Iliosakralgelenke dargestellt werden. Hier sollte allerdings bedacht werden, dass diese Veränderungen auch bei asymptomatischen Patienten nachgewiesen werden können, daher haben die bildgebenden Techniken wenig Bedeutung beim Stellen der Diagnose.

PD Burkhardt ISG-Syndrom

Konservative Behandlung

Bei akuten Schmerzen wird eine konservative Therapie in Form mittels oraler Analgesie mit NSAR für einige Tage und relativer Ruhigstellung durchgeführt. Bei länger andauernden Schmerzen wird eine manuelle Therapie durchgeführt.

Hierzu gehören die Mobilisierung und Manipulation des Iliosakralgelenks und die Physiotherapie. Bei rezidivierenden ISG Beschwerden ist eine Aktivierung der tiefen stabilisierenden Muskelgruppen des Rückens und Beckens empfohlen. Die Indikation zur Injektionstherapie wird bei Patienten indiziert, die von einer konservativen Behandlung nicht profitiert haben.

Die Datenlage bzgl. der Wirksamkeit einer Infiltrationstherapie ist limitiert sowie nicht eindeutig und zeigt eine Wirksamkeit häufig nur bei Kurzzeitnachsorge. Analoges gilt für die Thermodenervation und die Kryotherapie.

Operative Therapie

Die operative Behandlung im Sinne einer Versteifung/Fusion des Iliosakralgelenks bei chronischen schmerzhaften Beschwerden ist ein Verfahren, welches in den letzten Jahren in den Fokus der Wissenschaft gerückt ist.

Das Ziel dieser operativen Techniken ist eine knöcherne Fusion im ISG zu erzielen, welche zu einer permanenten Stabilität führen soll. Eine Voraussetzung für eine operative Therapie ist das Ausschöpfen jeglicher konservativer Therapiemassnahmen.

Die Operation erfolgt in Vollnarkose und in Bauchlage. Über eine ca. 5-7cm langen Hautschnitt im Bereich des seitlichen Beckens werden dreieckige Titanstifte in das ISG eingeschlagen. Diese Implantate sollen in den Gelenksspalt einwachsen und diesen dann ruhigstellen.

Erfolgschancen und Nachbehandlung

In klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass diese Operation zur einer Schmerzlinderung von ca. 50% führt. Eine komplette Beschwerdefreiheit konnte nur vereinzelt erzielt werden. Eine Verbesserung der Mobilität konnte nachgewiesen werden. Langzeitdaten zu diesen Studien liegen derzeit noch nicht vor. Ebenso gibt es keine klare Datenlage darüber, in welcher Weise Patienten von einer ISG Infiltration profitiert haben müssen, um auch von einer Operation zu profitieren.

Mögliche Komplikationen dieser Operationen sind Infektionen, Gelenksdestruktionen sowie Pseudarthrosen.

Nach einer Operation folgt ein ca. 7-tägiger stationärer Aufenthalt. Eine Mobilisation erfolgt mittels Anleitung durch die Physiotherapeuten. Die operierte Seite sollte für einen Zeitraum von 6-8 Wochen durch das Laufen mit Krücken entlastet werden. Eine erste ambulante Kontrolle erfolgt nach ca. 4 Wochen.