Nackenschmerzen mit Ausstrahlung: Muskelverspannungen oder Diskushernie?

Quelle: Tagesanzeiger [PDF]

Nur sehr selten weisen Nackenschmerzen auf eine ernsthafte Erkrankung hin. PD Dr. med. B. Burkhardt erklärt, bei welchen Symptomen eine ärztliche Abklärung erfolgen sollte.

Stenose der Halswirbelsäule (HWS)

Gemäss den Angaben der Rheumaliga Schweiz haben etwa 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung im Laufe eines Jahres mit Nackenschmerzen zu tun. Diese sind ein typisches Symptom des Halswirbelsäulen-Syndroms, kurz HWS-Syndrom. Die Ursachen sind vielfältig. Handelt es sich um eine Verspannung der Muskulatur bei Fehlhaltung, verschwinden die Schmerzen zumeist schnell wieder. Die häufigste Ursache des HWS-Syndroms ist die akute Blockade der kleinen Wirbelgelenke. Diese Wirbelgelenkblockierungen äussern sich in schmerzhaften Bewegungseinschränkungen des Kopfs. Neben den lokalen Schmerzen im Nacken kann es auch zu ausstrahlenden Schmerzen in die Schulterregion oder den Arm kommen. Durch Abnutzungen der Bandscheiben entstehen Arthrosen der Wirbelkörper (Facettengelenke). Dadurch können ebenfalls Schmerzen im Nacken entstehen.

Bandscheibenvorfall als Ursache

Plötzlich einsetzende Nackenschmerzen mit darauffolgenden ausstrahlenden Schmerzen in die Schulter und den Arm können durch einen Bandscheibenvorfall bedingt sein. Bei einer fortschreitenden Abnutzung der Bandscheiben kann es zudem schleichend zu einer Verengung des Nervenkanals und Kompression, sprich Einengung der Spinalnerven und des Rückenmarks kommen. Darauf deuten Beschwerden in den Armen und Händen hin; häufig werden Missempfindungen wie Ameisenlaufen oder Kribbeln in den Fingerkuppen wahrgenommen. Bei einer fortgeschrittenen, hochgradigen Einengung des Nervenkanals kann es dann zu Schäden des Rückenmarks kommen. Die Folgen: Störungen der Feinmotorik und Unsicherheit beim Laufen. Die Rückenmarksschädigung ist zumeist schmerzlos, weshalb diese häufig erst spät erkannt wird.

Ärztliche Abklärung

Zur ärztlichen Abklärung gehören die gezielte Anamneseerhebung und die klinische Untersuchung. Eine Reihe von bildgebenden Untersuchungen, wie Röntgen, CT und MRI, sowie neurophysiologischen Diagnostiken durch einen Neurologen können angeschlossen werden. Diese dienen dazu, die Beweglichkeit der Halswirbelsäule darzustellen und das Rückenmark sowie den Nervenverlauf zu beurteilen.
Bei Auftreten von motorischen Ausfällen, bei zunehmendem Taubheitsgefühl, sowie bei sich steigernden Nackenschmerzen trotz konservativer Behandlung, sollte nicht gezögert werden, einen Spezialisten aufzusuchen. Gleiches gilt bei nachgewiesener Instabilität der Halswirbelsäule im Röntgen oder bei Schädigung von Nervenwurzeln oder des Rückenmarks im MRI.

Konservative Therapie

Ein HWS-Syndrom lässt sich gut mit konservativen Massnahmen behandeln. Die konservative Therapie, eine nicht-operative Behandlung, besteht aus schmerzlindernden, muskellockernden und entzündungshemmenden Medikamenten. Parallel dazu sollte eine gezielte Physiotherapie durchgeführt werden, durch welche muskulär bedingte Nackenverspannungen gelöst werden. Eine weitere minimalinvasive Massnahme zur Schmerzlinderung ist eine CT-gesteuerte Schmerztherapie mit Spritzen im Bereich der krankhaften Veränderungen. Diese Form der Behandlung sollte aber erst nach entsprechender ärztlicher Abklärung indiziert werden. Sollte es trotz der konservativen Therapie im Verlauf zu ausstrahlenden Schmerzen in die Schulter, den Arm oder die Hand kommen, ist eine spezialärztliche Vorstellung zur weiteren Abklärung empfohlen.

OP mit technischer Finesse

Es gibt verschiedene Operationsmethoden, die individuell für jeden Patienten gewählt werden. Das Ziel einer Operation ist eine Entlastung der nervalen Strukturen und, wenn nötig, eine Wiederherstellung der Stabilität und Ausrichtung der Halswirbelsäule. Es gibt die Möglichkeit einer Operation von vorne durch einen Schnitt am Hals, aber auch von hinten über einen Schnitt am Nacken. Die operativen Techniken haben sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. So können in speziellen Fällen Eingriffe in endoskopischer Technik durchgeführt werden. Diese minimalinvasive Schlüssellochchirurgie erlaubt es, die Muskulatur beim Zugang zur Halswirbelsäule optimal zu schonen. Dank des geringeren Muskeltraumas kommt es zu einem geringeren Blutverlust, der postoperative Bedarf an Schmerzmedikamenten ist geringer, ebenso die Rate an Wundheilungsstörung und die Patienten sind schneller mobil und haben weniger Weichteilschmerzen.

PD Dr. med. Burkhardt

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